Silver Workers - Arbeit im Ruhestand

11. September 2013
(Foto,Video und Text: Körber-Stiftung )

Rentner in Deutschland haben statistisch eine immer längere Zeitspanne vor sich, in der sie noch fit und leistungsfähig sind. Viele bleiben im Alter berufstätig, auch wenn die Rente reicht. Was motiviert diese so genannten »silver workers«? Sind sie eine Antwort auf den Fachkräftemangel? Welche Arbeitsbedingungen müssen Unternehmen Älteren bieten? Dies diskutierte die Wirtschaftspsychologin und Studienpreisnominierte Leena Pundt am 11. September mit dem Ex-McKinsey-Chef Herbert Henzler, Werner Eichhorst vom Institut zur Zukunft der Arbeit und Andreas Schwab, Geschäftsführer von »Erfahrung Deutschland« im KörberForum. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Deutschlandfunk statt. Die Moderation hatte Verena Herb.

Als prominentes Beispiel für einen »silver worker« nannte Leena Pundt Helmut Schmidt: »Er ist pensioniert, dennoch gefragter Gast bei verschiedenen Veranstaltungen als Redner und Diskussionspartner, gleichzeitig hat er aber nicht mehr die Verantwortung ein Land zu regieren und auch die Freiheit zu sagen, dass er sich in einer rauchfreien Umgebung nicht mehr äußern möchte.« Dies zeichne die »silver workers« aus: Sie seien verrentet, dennoch beruflich aktiv bin ins hohe Alter, hätten einen großen Erfahrungsschatz, dabei aber weniger Verantwortung als im früheren Berufsleben. Allen »silver workers« gemein sei der Wunsch, aktiv zu bleiben. Sie wollen ihre Erfahrung an die kommende Generation weitergeben und sich weiter einbringen.


Es handele sich bei den »silver workers« jedoch noch um eine relativ kleine Gruppe von Menschen, so Leena Pundt. Mehr als die Hälfte von Ihnen seien Akademiker. Es komme natürlich auch auf die Berufsgruppe an, ob man sich nach der Verrentung noch in seinem ehemaligen Job einbringen könne, denn »ein Dachdecker kann natürlich mit 65 oder 67 nicht mehr seinen alten Job weitermachen«, sagte sie. Ein Mensch, der nicht körperlich arbeite, könne aber mit 65 in seiner Bestform sein.

Wir erleben derzeit eine Revolution, so Werner Eichhorst. Das Erwerbsleben werde bereits jetzt deutlich länger, derzeit seien etwa fünf Prozent der Menschen zwischen 65 und 75 erwerbstätig. Das sei etwa doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Eichhorst geht davon aus, dass es in den nächsten Jahren noch mehr werden – auch aufgrund des Fachkräftemangels in Deutschland.

Andreas Schwab vermittelt mit seinem Personalberatungsunternehmen ältere Menschen. In erster Linie gehe es ihnen darum, sich als Spezialisten weiter einzubringen. Der finanzielle Anreiz komme dann noch dazu. Teilweise ginge es aber auch darum, den eigenen Lebensstandard aufrechtzuerhalten.

Auf die Frage, ob bei den »silver workers« eine klassische Win-Win-Situation vorliege, da diese sich einerseits weiter einbringen und aktiv bleiben können, andererseits die Sozialsysteme dadurch entlastet würden, sagte Herbert Henzler, dass dies aufgrund der demografischen Entwicklung auch notwendig sei. Das ungenutzte Potential der Älteren sei eine Verschwendung von Arbeitskraft. Es finde diesbezüglich aber ein Umdenken in den Unternehmen statt. Eine Weiterbeschäftigung auch nach der Verrentung muss jedoch geplant werden: »Jedes Jahr, das tatsächlich im Ruhestand verbracht wird, macht es schwieriger, dann wieder einzusteigen«, so Leena Pundt. Deswegen solle man sich möglichst früh um eine solche Weiterbeschäftigung kümmern und auch Kontakte aufrechterhalten.

Interessant werde in Zukunft vor allem, wie die Unternehmen mit diesem Phänomen umgehen, so Werner Eichhorst. Langfristig könne man davon ausgehen, dass durch das verlängerte Erwerbsleben der berufliche Aufstieg mehr Zeit in Anspruch nehmen werde und die Unternehmensabläufe durch das Zusammenspiel von älteren und jungen Fachkräften flexibler werden. Er glaube jedoch nicht, dass die »silver workers« den Berufseinsteigern Arbeitsplätze streitig machen. »Wir holen die silver workers ja zurück, weil wir sie brauchen.«, bestätigt Leena Pundt. Die Unternehmen könnten damit im Idealfall ihre Wettbewerbsfähigkeit trotz Fachkräftemangels sichern und ausbauen.

Das Publikum betonte in den anschließenden Fragen auch die Schwierigkeiten bei der Arbeit nach dem Renteneintritt. Das Umdenken sei bei vielen Unternehmen noch nicht angekommen, so eine Anmerkung. Leena Pundt sagte hierzu, die Hemmschwelle zur Beschäftigung Älterer sinke häufig erst dann, wenn Unternehmen bereits Erfahrung damit gemacht hätten. Klärungsbedarf sahen einige Gäste aus dem Publikum bei den rechtlichen Rahmenbedingungen einer Beschäftigung nach Renteneintritt und der Frage, ob die »silver workers« in die Sozialversicherung einzahlen sollten. Für einen Gast waren die »silver workers« ein Zeichen dafür, dass die Menschen nicht mehr loslassen und ihren Ruhestand genießen können: »Alt werden heißt nicht nur Golf spielen und Enkelbetreuung, sondern mehr zu leben und sozial und ethisch zu wirken«, sagte er. Werner Eichhorst antwortete darauf: »Anerkennung und soziale Kontakte kann man natürlich nicht nur durch eine berufliche Tätigkeit erreichen, sondern auch in der Familie oder durch ein Ehrenamt«. Es komme letztendlich darauf an, was der Einzelne möchte.